Notruf: 112

Ich wünschte du könntest verstehen …

Ich wünschte,
du könntest den Kummer des Geschäftsmannes sehen, als sein Lebenswerk in Flammen aufging oder die Familie, die nach Hause kam, nur um ihr Haus und ihre Habseligkeiten beschädigt oder zerstört vorzufinden.

Ich wünschte,
du könntest fühlen, wie es ist, ein brennendes Schlafzimmer nach eingeschlossenen Kindern abzusuchen; die Flammen schlagen dir über den Kopf hinweg, du siehst in dem Qualm keine 10 Zentimeter weit, unter der Maske fällt das Atmen immer schwerer, während des Kriechens schmerzen Handflächen und Knie, der Fußboden gibt unter deinem Gewicht nach, wenn die Küche unter dir zu brennen anfängt.

Ich wünschte,
du könntest die Furcht in den Augen einer Ehefrau morgens um halb 3 sehen, wenn ich ihrem Ehemann den Puls fühle und keinen finde. Ich beginne irgendwie mit der Wiederbelebung und hoffe wider besseren Wissens ihn zurückzuholen, aber ich weiß, dass es zu spät ist. Aber seine Frau und Familie muss ich das Gefühl geben, dass alles Mögliche getan wurde.

Ich wünschte,
du könntest verstehen, wie es ist, am Morgen zur Schule oder zur Arbeit zu gehen, nachdem du den Großteil der Nacht, heiß und wieder nass durchgeschwitzt, bei einem Einsatz verbracht hast.

Ich wünschte,
du könntest den unvergleichlichen Geruch von brennenden Isolierungen, den Geschmack von Ruß auf deiner Zunge, das Gefühl der intensiven Hitze vor dem Flash-over, die durch deine Ausrüstung dringt, das Geräusch der tobenden Flammen und die Beklemmung, absolut nichts durch diesen dichten Rauch zu sehen, nachempfinden – „Sensationen, an die ich mich zu sehr gewöhnt habe, mit denen ich zu sehr vertraut bin.“

Ich wünschte,
du könntest meine Gedanken lesen, wenn ich zu einem Feuer gerufen werde. „Ist es ein falscher Alarm oder ein fortgeschrittenes, atmendes Feuer? Wie ist das Gebäude konstruiert? Welche Gefahren warten dort auf mich? Sind am Ende gar Menschen eingeschlossen?

Ich wünschte,
du könntest in der Notaufnahme dabei sein, wenn der Arzt das hübsche 11 Jahre alte Mädchen für tot erklärt, nachdem ich es unter Aufbietung all meiner Kräfte aus dem flammenden Inferno gerettet habe; sie wird nie zu ihrem ersten Date gehen können oder jemals wieder die Worte „Ich liebe dich, Mama!“ sagen können.

Ich wünschte,
du könntest die Frustration im Fahrerhaus des Löschfahrzeuges fühlen, der Maschinist drückt den Fuß fest auf die Bremse, mein Daumen drückt wieder und immer wieder den Schalter des Einsatzhornes, wenn du dir vergeblich versuchst, Vorfahrt an einer vorfahrtberechtigten Kreuzung zu verschaffen oder im dichten Verkehrsstau der Rushhour steckst. Am Einsatzort angekommen, hörst du fast jedes Mal die gleichen Worte: “ Es hat fast eine Ewigkeit gedauert, bis ihr hier wart!“

Ich wünschte,
du könntest meine Gedanken lesen, wenn ich helfe, eine junge Frau aus den zertrümmerten Resten ihres Wagens zu ziehen. Was wäre, wenn es meine Frau, Schwester oder Freundin oder eine Bekannte ist? Wie werden die Eltern reagieren, wenn vor ihrer Tür ein Polizist steht, der seine Mütze nicht auf dem Kopf trägt, sondern in den Händen hält?

Ich wünschte,
du könntest wissen, wie es sich anfühlt, nach Hause zu kommen, meine Familie und meine Eltern zu begrüßen, aber nicht das Herz zu haben, ihnen zu erzählen, dass ich beinahe von meinem letzten Einsatz nicht zurückgekommen wäre.

Ich wünschte,
du könntest dir die physische, emotionale und mentale Belastung von stehengelassenem Essen, verlorenem Schlaf und verpasster Freizeit vorstellen, zusammen mit all den Tragödien, die meine Augen gesehen haben.

Ich wünschte,
du könntest die Kameradschaft und die Befriedigung, Leben gerettet oder jemandes Eigentum geschützt zu haben, erfahren, da zu sein zur richtigen Zeit am richtigen Ort, in der Gefahr oder aus Hektik und dem Chaos heraus Ordnung zu schaffen.

Ich wünschte,
du könntest verstehen, wie es ist, einem kleinen Jungen auf deinem Arm zu tragen, der fragt, „Ist meine Mama o.k.?“, und es ist dir unmöglich, ihm in die Augen zu schauen, ohne dass dir die Tränen in die Augen steigen und du weißt nicht, was du sagen sollst.
Oder wie es ist, einen alten Freund zurückzuhalten, der mit ansehen muss, wie sein bester Kumpel in den Rettungswagen getragen wird, und du weißt genau, dass er nicht angeschnallt war.

Solange du dieses Leben nicht durchgemacht hast, wirst du niemals wirklich verstehen oder einschätzen können, wer ich bin, was wir sind oder was uns unsere Arbeit wirklich bedeutet.

Q u e l l e:
Der Autor kommt aus Burke (USA), an diesem Text haben mehrere Feuerwehrleute mitgewirkt. Der Originaltext ist zu lesen auf folgenden Internetseiten: www.bvfrd.org